Position des Vorstandes der DeGEval zur geschlechtergerechten Sprache
Der Vorstand der DeGEval bekennt sich zur Gleichstellung der Geschlechter und anderer von Diskriminierung betroffener Gruppen in seinem Aufgabenbereich. Das heißt: Wir wollen überall dort, wo es uns möglich ist, zum Abbau von Diskriminierungen und Exklusionsmechanismen beitragen. Ein wichtiger Baustein dazu ist die Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache in allen Texten des Vorstandes sowie in den vom Vorstand verantworteten Publikationen. Das vorliegende Positionspapier versteht sich als Empfehlung zur Nutzung einer geschlechtergerechten Sprache in allen Texten, die im Kontext der DeGEval bzw. der Arbeitskreise der DeGEval veröffentlicht werden.
Stellungnahme zum Download als PDF
Ziel einer geschlechtergerechten Sprache ist es, die Gleichstellung von Frauen und Männern im Bereich der Sprache zu verwirklichen. Texte sind dann geschlechtergerecht, wenn Frauen und Männer sprachlich sichtbar werden, so dass sie sich gleichermaßen angesprochen fühlen. Texte für und über Frauen und Männer sollen auch beide Geschlechter beinhalten und ansprechen. Bloße Hinweise, dass Frauen auch bei maskulinen Formen „mitgemeint“ sind, stellen Scheinlösungen und keinen geschlechtergerechten Sprachgebrauch dar. Sprache bildet nicht nur Realitäten ab, sondern vermittelt auch normative Werthaltungen und Rollenbilder und trägt damit zur Reproduktion von geschlechterspezifischen Stereotypen bei – so, wenn etwa von „Hausfrauen“ oder „Krankenschwestern“ die Rede ist. Sprache repräsentiert damit auch einen Faktor gesellschaftlicher Weiterentwicklung. Der Gebrauch einer geschlechtergerechten Sprache verdeutlicht dabei nicht nur, dass es mehr als ein einziges (nämlich das männliche) Geschlecht gibt, darüber hinaus wird die Botschaft vermittelt, dass Geschlechtergleichstellung ein zentraler gesellschaftspolitischer Wert ist. In der Evaluation ist die Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache auch ein Zeichen für eine vollständige, reflektierte und klare Berichterstattung.
Empfehlungen für geschlechtergerechtes und geschlechterneutrales Formulieren
Es gibt nicht nur einen richtigen Weg zum geschlechtergerechten Formulieren, sondern verschiedene Möglichkeiten. Autorinnen und Autoren können und sollen einen kontextadäquaten Weg wählen. Wichtig ist, dass Formulierungen gewählt werden, die Geschlechter bzw. Geschlechtervielfalt entweder sprachlich sichtbar machen oder tatsächlich neutral sind. Für Texte des Vorstandes oder der Arbeitskreise können die vollständige Paarform, Formen einer geschlechterinklusiven Sprache sowie neutrale Formulierungen verwendet werden, wobei nach Möglichkeit innerhalb eines Dokuments die gewählte Form durchgängig verwendet werden sollte:
Weibliche und männliche Bezeichnungen für Personen und Institutionen werden genannt, z. B. Arbeitgeberin und Arbeitgeber, Anwältin und Anwalt. Diese Formulierung stellt gedanklich am ehesten eine Geschlechtersymmetrie her und macht beide Geschlechter sichtbar. Aus sprachökonomischen Gründen wird im Einzelfall auch ein Schrägstrich verwendet, z. B. Expertin/Experte oder Ärztin/Arzt. Es sollte vermieden werden, die männliche Form stets zuerst zu nennen. Bei geschlechterhomogenen Gruppen ist die jeweilige geschlechtsspezifische Form anzuwenden, z. B. bei einer Gruppe ausschließlich weiblicher Bediensteter „Mitarbeiterinnen“, bei einer Gruppe ausschließlich männlicher Bediensteter „Mitarbeiter“.
Der Genderstern (*) hinter einem Wort verweist auf den Konstruktionscharakter von „Geschlecht“. „Frauen*” beispielsweise bezieht sich auf alle Personen, die sich unter der Bezeichnung „Frau” definieren, definiert werden und/oder sich sichtbar gemacht sehen. Der Genderstern kann synonym zum Unterstrich (Gendergap) oder Doppelpunkt verwendet werden (z. B. Mitarbeiter*innen). Durch einen Unterstrich (_) wird eine Lücke zwischen der maskulinen Form und der femininen Endung eines Wortes kenntlich gemacht, z. B. Mitarbeiter_innen. Die Leerstelle symbolisiert Raum für Personen, die sich in einem System, das lediglich Frauen und Männer kennt, nicht wiederfinden, wie z. B. inter*, trans* und nicht-binäre Menschen. Somit werden zweigeschlechtliche Schreibweisen vermieden, die Menschen ausschließen, die sich nicht eindeutig dem weiblichen oder männlichen Geschlecht zuordnen wollen oder können. Auch der Gender-Doppelpunkt im Wortinneren ermöglicht Formulierungen abseits männlicher und weiblicher Geschlechtszuschreibungen. Der Doppelpunkt unterstützt auch Barrierefreiheit. Formulierungen im Plural sind hier bevorzugt zu verwenden, um die Lesbarkeit zu erhöhen (z. B. Mitarbeiter:innen). Bei Artikeln kann der Gender-Doppelpunkt zwischen die beiden Formen gesetzt werden (z.B. der:die Mitarbeiter:in).
Neutrale Begriffe beziehen sich auf beide Geschlechter, machen dabei weder Frauen noch Männer sprachlich sichtbar, z. B. Person, Team, Arbeitskraft, Bibliothekshilfe. Bei Personenbezeichnungen ist Geschlechterneutralität nur im Plural gegeben. Anstelle von Personenbezeichnungen können auch Funktionsbezeichnungen geschlechterneutral verwendet werden, indem statt der Person, die eine Funktion oder ein Amt bekleidet, die Funktion oder das Amt selbst genannt wird, z. B. Abteilungsleitung, Personalvertretung.
Mit Umformulierungen können Personenbezeichnungen und komplizierte Formulierungen vermieden werden, wie z. B. Satzbildungen mit unpersönlichen Pronomen (z. B. wer, alle, jene), direkte Anreden sowie Umschreibungen mit Infinitiv, Passivformen oder Adjektiven.
Beispiele für Umformulierungen
- Wer ein Stipendium beantragt, muss einen überdurchschnittlichen Studienerfolg nachweisen. Statt: Die Antragstellerin bzw. der Antragsteller muss einen überdurchschnittlichen Studienerfolg nachweisen.
- Der Antrag ist vollständig auszufüllen. Statt: Die Antragstellenden haben den Antrag vollständig auszufüllen.
- Juristischer Rat wäre einzuholen. Statt: Der Rat einer Juristin oder eines Juristen wäre einzuholen.
Akademische Grade und Amtstitel
Bislang werden Bezeichnungen und Abkürzungen von Titeln überwiegend ausschließlich in maskuliner Form verwendet. Auch hier gibt es weibliche Formen, die im entsprechenden Fall Anwendung finden sollten (z. B. Universitätsprofessorin ➔ Univ.Prof.in, Direktorin ➔ Dir.in).
Namen von Institutionen sind in der Form zu verwenden, in der sie von den jeweiligen Institutionen aktuell festgelegt sind, wie z. B. Ärztekammer, Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds, Österreichische Hochschüler_innenschaft. Auch wenn die Bezeichnung einer Institution nicht geschlechterneutral ist, so hat sie dennoch ein grammatikalisches Geschlecht und es ist in Verweisen auf sie gegebenenfalls die weibliche Bezeichnung zu verwenden, wie z. B. die Kammer für Arbeiter und Angestellte ist Arbeitgeberin. Wird durch die Verwendung von Sammelbegriffen von mehreren Institutionen gesprochen (z. B. die Wirtschaftskammer und der Wirtschaftsbund thematisieren X), so kann, wenn diese in weiterer Folge zusammengefasst werden, der Sammelbegriff geschlechterneutral formuliert werden, wie z. B. die Akteur:innen, die Vertragspartner:innen.
Bezieht sich ein Teil eines zusammengesetzten Hauptwortes auf Personen, sollte dieser Teil auch bei einem zusammengesetzten Hauptwort geschlechterneutral formuliert werden, wie z. B. Mitarbeiter:innenzufriedenheit, Arbeitnehmer:innenfreizügigkeit. Wenn dies zu kompliziert erscheint, kann umformuliert werden, wie z. B. die Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen.
Literatur und Quellen
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- Steiger, Vera; Irmen, Lisa (2007), Zur Akzeptanz und psychologischen Wirkung generisch maskuliner Personenbezeichnungen und deren Alternativen in juristischen Texten, Psychologische Rundschau, 58(3): 190–200.
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