Aktuelles
im AK Kultur und Kulturpolitik
Rückblick auf die Frühjahrstagung im Februar 2025 in Fulda
Am 14. Februar 2025 trafen sich der Arbeitskreis Kultur & Kulturpolitik in der DeGEval e.V., die Arbeitsgemeinschaft Methoden im Fachverband Kulturmanagement e.V. und das Institut für Kulturelle Teilhabeforschung auf Einladung von Prof. Dr. Joanna Ozga in den Räumen der Hochschule Fulda. Insgesamt 35 Teilnehmende aus Wissenschaft, Evaluationspraxis und Kulturmanagement fanden den Weg zum Workshop.
Dieses Mal ging es nicht um spezielle Forschungsmethoden, sondern um die Gretchenfrage, die sich jede forschende Person irgendeinmal stellt: Wie können die Forschungsberichte so gestaltet werden, dass sie mindestens gelesen und gerne auch in betriebliche Prozesse implementiert werden. Ein Bauchgefühl, dass die meisten zur Teilnahme bewegte war: Der klassische schriftliche Abschlussbericht scheint irgendwie nicht mehr zu genügen. Eingeladen war unter dem Titel: Jenseits des schriftlichen Abschlussberichts. Neue Formate zur Verwertung von Forschungserkenntnissen aus Evaluations- und Kulturmanagementforschung.
Wenn Wissenschaftler*innen also den Anspruch haben, dass ihre Forschungsergebnisse auch anschlussfähig an Herausforderungen der Praxis sind und schließlich dort auch Wirkung entfalten, stellt sich schnell die Frage nach dem richtigen Format. Gerade in der Evaluationspraxis ist diese Praxisorientierung immanent, denn es wird nie der Evaluation wegen evaluiert, es geht immer um einen Forschungsgegenstand in der Praxis. Auch die Kulturmanagementforschung als akademisch vergleichsweise junge (Inter-)Disziplin zehrt eine wesentliche Begründung aus dem Streben nach Lösungsangebote für Fragen des praktischen Kulturmanagements.
Bei allen diesen praxisorientierten Forschungsarbeiten stellt sich grundsätzlich die Frage, welches Format das passendste ist, um die Forschungsergebnisse möglichst optimal zu vermitteln. Der Klassiker der akademischen Forschung – der schriftliche Abschluss- oder Forschungsbericht – scheint definitiv nicht das gewinnbringendste Format zu sein. Dennoch wird dieser in der Regel dennoch gewählt und irgendwie gibt es immer eine Langfassung (die niemand liest).
Bereits Kristin Oswald, Redakteurin bei Kulturmanagement Network, machte in ihrem Beitrag Jenseits des Feuilletons. Zeitgemäße Wissenschaftskommunikation im Kulturmanagement die vielleicht wichtigste Erkenntnis des Tages deutlich: Bevor über konkrete Formate der Wissenschaftsvermittlung nachgedacht wird, muss die zentrale Frage nach der Zielgruppe geklärt werden. Wen will ich erreichen? Was will ich erreichen? Dass das dennoch häufig auf klassische schriftliche Worddokumenten rausläuft erklärte sie auch damit, dass Kulturmanagementforschung weiterhin auf „innerwissenschaftlichen Anerkennungslogiken“ basiert. Diese bilden aber nicht zwingend eine Schnittstelle zur Praxisorientierung, sondern liegen eher in der klassischen schriftlichen Abschlussarbeit mit tonnenweisen Fußnoten oder im sperrigen Peer-Review-Artikel.
Onlinebasierte Anwendungen als Vermittlungsformate der Zukunft?
Wie das anders gehen kann, wurde in den Folgebeiträgen deutlich, welche jeweils ein Online-Format zur Vermittlung von Forschungsergebnissen entwickelten. Christian Holst von der Leuphana Universität Lüneburg stellte den Entwicklungsstand einer Toolbox für digitale Transformation in kleinen und mittleren Kultureinrichtungen vor. Am Beispiel eines Forschungsprojekts zur Unterstützung der Bemühungen von Kultureinrichtungen im Schweizer Kanton Aargau bei ihren Digitalisierungsbemühungen wird eine webbasierte Anwendung entwickelt, welche den Beteiligten die unmittelbare praktische Anwendung erlaubt. Neben theoretischem Input, Reflexionsfragen beinhaltet die Webanwendung ein Tool zur Selbsteinschätzung.
Dr. Christian Steinau von CulturalPolicyLab präsentierte dann einen Policy-Baukasten Familie und Care im Theater – Ein innovatives Tool zur Förderung familienfreundlicher Strukturen im Theater. Dabei handelt es sich um ein zielgruppenspezifisches Transferkonzept, welches kulturpolitische und theaterbetriebliche Themen verknüpft und den Fokus auf das Gestaltbare legt. Ein langer schriftlicher Bericht ist in diesem Vermittlungsangebot gar nicht mehr vorgesehen. Die Adressat*innen arbeiten direkt mit der webbasierten Anwendung.
Schließlich stellte Adrian Rudershausen von Research & Redaktion redaktur.de – der spontan für einen verhinderten Referent eingesprungen ist – die Anwendungsmöglichkeit von KI in der Museumsarbeit vor. Am Beispiel eines aktuell laufenden Projekts im Stadtmuseum Oldenburg werden Personas als Grundlage zielgruppenorientierter Museumsarbeit „ein Gesicht gegeben“. Ziel ist es die zwar in der Regel plakativen, aber immer auch ein Stück weit abstrakten Personas mit Leben zu füllen und den Mitarbeiter*innen des Museums die Möglichkeit zu geben, mit ihnen per Chat ins Gespräch zu kommen. Beispielsweise können dadurch Interessen und Vorlieben von eher nicht-museumsaffinen Zielgruppen im Gespräch erörtert werden und in der Folge entsprechende museale Angebote entwickelt werden.
Das universelle Vermittlungsformat gibt es nicht
Während des Workshops gab es für einige Teilnehmenden so langsam ein Déjà-vu. Beim letzten Workshop der Arbeitsgemeinschaft Methoden im Fachverband Kulturmanagement Anfang 2022 ging es um das Thema Diversität messen. Auch damals startete der Tag mit der (vielleicht naiven) Hoffnung am Ende fertige, universell einsetzbare standardisierte Erhebungsinstrumente zur Messung von Diversitätskriterien zum Beispiel in Publikumsbefragungen gesammelt zu haben. Vielmehr wurde aber deutlich: Ein einzelnes standardisiertes Instrument kann es nicht geben. Vielmehr hat das Vorhaben Einfluss auf den gesamten Forschungsprozess, beginnend bei der Formulierung der Fragestellung und endend mit der Frage wie Ergebnisse zusammen mit den beforschten Personen diskutiert werden.
Deutlich wurde somit auch in Fulda: Es funktioniert also nicht, wenn konventionelle Forschung ohne klare Zieladressat*innen und Wirkungsabsichten das universal einsetzbare, bereits fertige Vermittlungstoll sucht. Möglichst kostenlos und selbsterklärend. Und selbstverständlich ohne jegliche Auswirkungen auf den eigentlichen (heiligen) Forschungsprozess.
Neben einer klaren Forschungsfrage bedarf es von Anfang auch der Definition klarer Zielgruppen. Wer soll mit den Forschungserkenntnissen erreicht werden? Und wer schon mal dabei ist: Es bedarf zudem auch der Definition deutlicher Wirkungsabsichten. Was sollen die Forschungserkenntnisse bei wem bewirken? Das muss dann keine politische Einflussnahme sein, im Sinne „Die Politik soll dieses und jenes tun“. Es geht vielmehr darum, welche Prozesse Forschung auslösen soll, z.B. „Die Politik soll sich mit der Problematik der ungleichen Altersverteilung im Opernpublikum befassen und daraus Konsequenzen für Förderkriterien diskutieren.“
Eine Vorab-Klärung dieser Dimensionen wird dann auch Einfluss auf den eigentlichen Forschungsprozess und auf dessen Methoden und Fragen haben. Wer ernsthaft praxisorientierte Wissenschaftsvermittlung abseits des standardisierten schriftlichen Berichts vorhat, wird auf jeden Fall den klassisch-konventionellen Prozess hinterlassen, wonach erst geforscht wird und andere dann – im schlimmsten Fall auch noch eine unbeteiligte Kommunikationsabteilung – versuchen, die Ergebnisse zu verkaufen zu vermitteln.
Eine gewisse Entwicklungsrichtung wurde deutlich, dass im Workshop nach den grundsätzlich strategischen Überlegungen von Kristin Oswald drei Praxisbeispiele kamen, welche genau diesen überkommenen Prozess von Anfang an hinter sich gelassen haben und einfach von Anfang an, einen neuen Prozess entwickelt haben, der Vermittlung zum immanenten Teil von Forschung macht. Und: Alle drei Beispiele nutzten Vorteile von webbasierten Anwendungen, zum Teil auch von KI-Technologien. Damit werden wir uns in Zukunft sicherlich noch mehr beschäftigen.
Dr. Thomas Renz, Institut für Kulturelle Teilhabeforschung Berlin
Frühjahrstagung 14.02.2025 - Programm & Anmeldung
Am Freitag, den 14.02.2025 findet in der Hochschule Fulda die verfrühte Frühjahrstagung des Arbeitskreises Kultur und Kulturpolitik statt. In Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Methoden im Fachverband Kulturmanagement widmet sich der Workshop der Frage, wie Evaluations- und Forschungsergebnisse abseits des klassischen schriftlichen Abschlussberichts so kommuniziert werden können, dass sie eine bessere Wirkung beim Evaluationsgegenstand entfalten. Denn lange und komplexe Schriftdokumente werden häufig nicht mit angemessener Aufmerksamkeit gelesen. Auf den Call for Papers folgten zahlreiche Einreichungen - am Ende ist ein Programm entstanden, welches sowohl bereits bewährte Formate präsentiert, als auch "work in progress" Projekte diskutiert. Die Beiträge repräsentieren eine gute Mischung aus Evaluations- und Forschungspraxis. Details zu Programm, Organisatorischem und Anmeldeoptionen finden sich hier.
Call for Ideas - Frühjahrstagung des Arbeitskreises Kultur & Kulturpolitik am 14.02.2025
Der Arbeitskreis Kultur & Kulturpolitik der Gesellschaft für Evaluation (DeGEval e.V.), die Arbeitsgemeinschaft empirische Methoden des Fachverbands Kulturmanagement e.V. laden ein zum Workshop "Jenseits des schriftlichen Forschungsberichts – Neue Formate zur praktischen Verwertung von Forschungserkenntnissen aus Evaluations- und Besucher*innenforschung" am 14. Februar 2025. Freundlicherweise hat sich die Hochschule Fulda bereit erklärt, den Workshop in ihren Räumen stattfinden zu lassen. Weitere Informationen und einen Call for Papers finden Sie hier. Bitte bringen Sie Ihre Ideen für mögliche Beiträge bis zum 8.12.2024 ein. Da finale Programm wird dann Anfang 2025 veröffentlicht.
Dokumentation der Frühjahrstagung 2023
In der Frühjahrstagung am 9. Juni 2023 in den Räumen des Instituts für Kulturelle Teilhabeforschung in Berlin ging es darum, die Rolle von Evaluationen im Kulturbereich während der COVID-19-Krise zu beleuchten. Die Pandemie ging einher mit einem enormen Anstieg an Fördermaßnahmen und Förderinstrumenten, beispielsweise in besonders betroffenen Feldern wie den Darstellenden Künsten. Doch wurden diese Maßnahmen evaluiert? Wenn ja, wie wurde mit der Kurzfristigkeit und sich permanent verändernden Rahmenbedingungen umgegangen? Wurde anders evaluiert als bislang und wie wurden mögliche Erkenntnisse aus den Evaluationen umgesetzt?
Die Referent:innen haben ihre Präsentationen freundlicherweise zum Download zur Verfügung gestellt:
„Kultur im Freien während der Pandemie“ – wissenschaftliche Begleitforschung des Förderprogramms DRAUSSENSTADT und des Teilbereichs „gesamtstädtischer Aushandlungsprozess“ von Kultur im Grünen 2021-2022
Dr. Britta Nörenberg, Institut für Kulturelle Teilhabeforschung, Berlin und Dr. Birte Jung, Transformationsmanagerin für nachhaltige Kultur, Berlin
Das Publikum ist überall! Wirkungsorientierung als krisenfester Evaluationsansatz und Mittel der Wirkungsorientierung
Regina Cosenza Arango, Stiftung Klassik Weimar
Strukturelle Voraussetzungen für ein kontinuierliches Kultur-Monitoring am Beispiel von KulMon in Berlin
Dr. Thomas Renz, Institut für Kulturelle Teilhabeforschung, Berlin
Ein paar fotografische Impressionen finden Sie auf der Website des Instituts für Kulturelle Teilhabeforschung.
Frühjahrstagung 2023
Am Freitag, den 9. Juni 2023 veranstaltet der Arbeitskreis Kultur und Kulturpolitik in der DeGEval e.V. in Zusammenarbeit mit dem Institut für Kulturelle Teilhabforschung (IKTf) von 10 bis 16 Uhr seine diesjährige Frühjahrstagung in den Räumen der Stiftung für Kulturelle Weiterbildung und Kulturberatung in Berlin. Bitte merken Sie sich den Termin schon einmal vor. Die Sprecher des Arbeitskreises freuen sich über mögliche Beiträge und Ideen von Interessierten. Weitere Informationen finden sich im Call / Save the date.