Nachhaltigkeit
Ad-hoc-Gruppe in der Gesellschaft für Evaluation
Bericht zur Session „Nachhaltigkeit als Evaluationskriterium verankern"
Liebe Mitglieder und Interessierte der ad hoc Gruppe Evaluation und Nachhaltigkeit,
auf der diesjährigen 27. Jahrestagung der DeGEval in Potsdam vom 18. bis 20. September 2024 wurde von der ad hoc Gruppe eine Session unter dem Titel „Nachhaltigkeit als Evaluationskriterium verankern“ abgehalten. Ziel dieser Session war es, gemeinsam an einer Operationalisierung des Konzepts Nachhaltigkeit als Evaluationskriterium zu arbeiten, um eine einheitliche Basis für die Evaluation von Nachhaltigkeit zu schaffen.
Unsere ad hoc Gruppe Evaluation und Nachhaltigkeit stützt sich dabei besonders auf das Dreiebenenmodell der Nachhaltigkeit: ökologische, soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit sollen künftig in Evaluationen gleichermaßen berücksichtigt werden.
Ein wichtiger Diskussionspunkt war es, die Normativität des Evaluationskriteriums zu klären und wie der gesellschaftliche Aushandlungsprozess gefördert werden kann, um Zielkonflikte wie etwa Umweltschutz versus wirtschaftlichen Wohlstand offen und reflektiert zu verhandeln. Auch die Abgrenzung zum OECD-DAC-Kriterium „Sustainability“ wurde lebhaft diskutiert und wie Nachhaltigkeit als integraler Bestandteil einer Wirkungsanalyse realistisch und praktikabel – auch bei knappen Ressourcen – umgesetzt werden kann.
Die rege Beteiligung und die vielen wertvollen Beiträge der Teilnehmenden zeigen uns, wie wichtig dieses Thema für unsere Gemeinschaft ist. Unsere Arbeit geht weiter, um Nachhaltigkeit in der Evaluation fest zu verankern und die notwendige methodische Basis zu schaffen. Im nächsten Schritt werden wir hierzu unseren geplante Handreichung „Evaluation und Nachhaltigkeit“ finalisieren und dazu ein Feedback aus der Mitgliedschaft der DeGEval einholen.
Weiter unten finden Sie unsere Nachhaltigkeitsdefinition und mögliche Leitfragen für die Bewertung von Nachhaltigkeit in Evaluationen.
Bleiben Sie gespannt auf weitere Entwicklungen – wir freuen uns über Ihr Engagement und Ihre Ideen! Kommen Sie gerne auf uns zu.
Ihre ad hoc Gruppe Evaluation und Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeitsdefinition Nachhaltigkeit wird verstanden als ein Konzept, nach dem nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen, sich regenerieren und künftig wieder bereitgestellt werden kann. Nachhaltigkeit berücksichtigt ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte in ihrer Wechselbeziehung, um die Befriedigung der Grundbedürfnisse und eine gute Lebensqualität sicherzustellen, überall auf der Welt heute wie auch in Zukunft. |
Übergeordnete Fragestellungen von Nachhaltigkeit in Evaluationen
- Inwieweit werden im Verlauf und nach einer Intervention Ressourcen (bei gleichzeitiger Berücksichtigung ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Aspekte in ihrer Wechselbeziehung) nachhaltig eingesetzt?
- Welchen Einfluss hat die untersuchte Intervention auf die künftige Entwicklung der Dimensionen der Nachhaltigkeit, einzeln und in ihrem Zusammenwirken?
Leitende Fragestellungen für die Bewertung von Nachhaltigkeit in Evaluationen
1. Ökologische Nachhaltigkeit:
- Werden die planetaren Grenzen respektiert und eingehalten?
- In welchem Umfang und wie trägt die Maßnahme zur Erhaltung und Verbesserung der natürlichen Ressourcen und Ökosysteme bei?
- Inwiefern fördert die Maßnahme umweltfreundliche Technologien und nachhaltige Produktionsweisen?
2. Ökonomische Nachhaltigkeit:
- Ist die wirtschaftliche Entwicklung, die durch die Maßnahme angestrebt oder beeinflusst wird, langfristig tragfähig und effizient?
- In welchem Umfang und wie trägt die Maßnahme zur Sicherstellung eines verantwortungsvollen und effizienten Ressourceneinsatzes bei?
- Welche wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden geschaffen, um sowohl gegenwärtigen als auch zukünftigen Generationen ein gutes Leben zu ermöglichen?
3. Soziale Nachhaltigkeit:
- Wie trägt die Maßnahme zur Förderung von sozialer Gerechtigkeit und Chancengleichheit bei?
- In welchem Maße unterstützt die Maßnahme Bildung, Gesundheit und soziale Sicherheit?
- Wie wird eine faire Verteilung von Ressourcen und Lebensqualität gewährleistet?
4. Generationengerechtigkeit:
- Wie werden die Bedürfnisse und Rechte zukünftiger Generationen beeinflusst und berücksichtigt?
- Sind Mechanismen implementiert, um sicherzustellen, dass heutige Aktivitäten die Lebensqualität zukünftiger Generationen nicht beeinträchtigen, wie sind diese ausgestaltet und welche Wirkung ist von ihnen zu erwarten?
5. Wechselwirkungen zwischen den Dimensionen:
- Wie interagieren die Auswirkungen der Maßnahme auf die Dimensionen der Nachhaltigkeit?
- Werden Synergien genutzt, um Zielkonflikte zwischen den Dimensionen zu minimieren?
- Inwiefern wird ein integrativer Ansatz verfolgt, der die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Dimensionen der Nachhaltigkeit berücksichtigt?
ad hoc Gruppe „Nachhaltigkeit“
Über uns
Die ad-hoc-Gruppe „Evaluation von Nachhaltigkeit“ hat sich im Rahmen der DeGEval-Jahrestagung 2022 gegründet. Ca. 30 Personen aus fünf verschiedenen Arbeitskreisen beteiligen sich daran. Davon hat ein kleinerer Kreis von ca. zehn Personen regelmäßig einmal pro Monat virtuell getagt. Initiiert wurde die Gruppe von Sonja Kind (Sonja.Kind@
vdivde-it.
de) und Christiane Kerlen (christiane.kerlen
@
kerlen-evaluation.
de), die für Interessensbekundungen oder Hinweise gerne zur Verfügung stehen.
Übergeordnetes Ziel ist es, Nachhaltigkeit im Sinne des Dreisäulenmodells (Ökonomie/Ökologie/Soziales) als Standardkriterium in Evaluationen zu etablieren. Im Sinne einer Selbstverpflichtung sollten alle Evaluierenden und Auftraggebenden prüfen, inwieweit Nachhaltigkeit bei einer Evaluation berücksichtigt werden kann.
VORGEHEN
Die Herausforderung besteht darin, dass der Begriff ‘Nachhaltigkeit’ unterschiedlich verwendet wird. Die Gruppe entwickelt keine neue, allgemein gültige Definition von Nachhaltigkeit, da der Begriff einerseits in unterschiedlichen Kontexten etabliert und andererseits im Wandel ist. Allerdings soll das Verständnis des Begriffs verbessert und mehr Klarheit im Evaluationskontext erreicht werden. Grundsätzlich orientieren wir uns an der Definition des Rats für nachhaltige Entwicklung, berücksichtigen aber, dass ‘nachhaltige Entwicklung’ nicht dasselbe ist wie ‘Nachhaltigkeit’. Die Gruppe unterscheidet zwischen Dauerhaftigkeit einerseits und Nachhaltigkeit andererseits. Sie verwendet die Begriffe wie folgt:
Dauerhaftigkeit | Das Ausmaß, in dem die Wirkungen einer Intervention anhalten oder wahrscheinlich anhalten werden. Je nach Zeitpunkt der Bewertung kann dies die Analyse der eingetretenen Wirkungen oder die Abschätzung der Wahrscheinlichkeit des Fortbestehens auf mittlere und lange Sicht beinhalten. |
Nachhaltigkeit
| Ein Konzept, nach dem nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen, sich regenerieren, künftig wieder bereitgestellt werden kann. Nachhaltigkeit berücksichtigt ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte in ihrer Wechselbeziehung, um die Befriedigung der Grundbedürfnisse und eine gute Lebensqualität sicherzustellen, überall auf der Welt heute wie auch in Zukunft. |
Begründung und Herleitung
Der Begriff "Nachhaltigkeit" hat sich seit dem 18. Jahrhundert entwickelt und unterliegt verschiedenen Bedeutungen. Im Evaluationskontext gibt es Unklarheiten aufgrund von Fachbezügen und internationalen Kontexten. Die Gruppe betrachtet verschiedene Bedeutungen von Nachhaltigkeit, wie das Drei-Säulen-Modell und die OECD-DAC-Kriterien.
Die Bedeutung von Nachhaltigkeit in der Evaluation nimmt vor dem Hintergrund globaler Herausforderungen zu. Die Sustainable Development Goals und EU-Nachhaltigkeitsziele spiegeln sich bereits in politischen Maßnahmen wider. Zukünftig sollen Wirkungen der Nachhaltigkeit messbar gemacht werden. Die ad-hoc-Gruppe strebt an, Perspektiven zu vereinen und an der Operationalisierung der Wirkungsmessung von Nachhaltigkeit zu arbeiten.
Ausblick
Die Gruppe hat die bisherigen Ergebnisse ihrer Arbeit an der Jahrestagung der DeGEval 2023 vorgestellt. Auf der Jahrestagung 2024 wurden Defintionen zur Nachhaltigkeit im Rahmen einer Session diskutiert. Die Ergebnisse fließen nun in die weitere Arbeit ein.